Ja, komisch ist das schon; man braucht nur einfach mal keinen Alkohol zu mögen, und schon ist man trockener Alkoholiker.
Gibt zwar Schlimmeres, aber trotzdem. Schließlich kann man aus vielen Gründen auf Alkohol verzichten, eben auch aus medizinischen.
In jungen Jahren verschätzt man sich leichter. Ich war mal sturzbesoffen, weil man mir auf einer Feier Wodka in Orangensaft gab... Es schmeckte nur nach Saft, und erst als ich aufstand und zum Klo gehen wollte, schoss ich zu meinem Erstaunen im Zickzack durchs Zimmer.
Das Zeug ist sowas von heimtückisch!!
Und dann bin ich ja mal ins Hafenbecken gefallen wie ein betrunkener Matrose, das hab ich mal erzählt, bevor das frühere Forum gehackt wurde und kaputt war. Mit meinem damaligen Mann und meinem Bruder (der erst 15 war oder so) besuchten wir einen Freund meines Mannes. Der lag mit seinem Frachter gerade im Hafen. Es gab Cola-Rum, und irgend so ein blöder Kerl stellte dauernd neuen Alkohol vor meinen kleinen Bruder hin. Ich wollte nicht, dass der völlig duhn zu unseren Eltern zurück kam, darum tauschte ich unsere Gläser - in meinem war
nur Cola.
Dann wollten wir nach Hause gehen. Mittlerweile war es dunkel draußen und Flut, und das Schiff lag sehr, sehr hoch. Eine wackelige Treppe mit Geländer aus Tau führte nach unten. Ich ging als Erste. Als ich auf festem Boden angekommen war, drehte ich mich zu den anderen um und trat einen Schritt zur Seite, in den Mondschatten, den das Schiff auf den Kai warf.
Es war aber kein Schatten, sondern die Lücke zwischen Kaimauer und Schiff. Das merkte ich, weil ich plötzlich keinen Boden mehr unter den Füßen hatte. Die glitschige schwarze Kaimauer schoss vor meinen Augen nach oben, als ich runter fiel, und vor lauter Schreck schaltete ich ab - Sendepause.
Ich kam wieder zu mir und kapierte erstmal gar nichts. Meine Haare wuselten um mich rum und meine Hände schwammen vor mir ungefähr auf Augenhöhe. Oben sah ich den Vollmond in grün. Der leuchtete durchs Wasser. Ich konnte mich so schnell gar nicht erinnern, wie ich da hingekommen war, hielt mich aber vorsichtshalber ruhig. Denn ich spürte, dass ich nach oben getrieben wurde. (War übrigens mein Glück, dass ich nicht zappelte. Man kann auf diese Weise leicht unter das Schiff geraten, und das wäre mein frühzeitiges Ende gewesen. Der Spalt zwischen Schiffsrumpf und Kaimauer betrug nur etwa 50 Zentimeter.)
Im nächsten Moment brach ich durch die Wasseroberfläche - und hatte genau vor der Nase einen dicken Eisenring, der in die Mauer eingelassen war. Daran hielt ich mich fest, mit dem Rücken lehnte ich mich gegen das Schiff, so hing ich da wie ein Kaminkletterer. Und von oben kam das Geschrei! Mein Mann wäre fast hinterher gesprungen, ließ es bloß sein, weil er nicht auf mir landen wollte - bei Mondlicht konnte er nicht genau sehen, wo ich abgeblieben war.
Nachdem ich wieder genug Luft hatte, kriegte ich erstmal einen Lachanfall. Und hinter mir hallte mein Gelächter unheimlich, weil das Schiff leer war! Der Freund holte eine Strickleiter, an der ich dann wieder hochkletterte. Dabei hätten die mir nur sagen müssen, dass ein kleines Stück weiter eine Art Leiter in die Kaimauer eingelassen war; das kleine Stück hätt ich schwimmen können. Aber na ja.
Weil ich patschnass war, fuhr mein Mann schnell nach Hause und holte mir trockene Klamotten. Ich wartete natürlich so lange in der Kabine des Freundes.
Bemerkenswert war, dass ich zwar recht betrunken ins Wasser gefallen war - aber völlig nüchtern, als ich aus meiner kurzen Ohnmacht wieder aufwachte. Das kann keine Minute gedauert haben. Fragt man sich doch: Was macht der Körper so schnell mit den Promillen???